Am Christuskirchplatz – mitten in der Fußgängerzone Oberstein – wurde jüngst die neue gemeinsame Beratungsstelle Kita-Sozialarbeit des Stadtjugendamtes Idar-Oberstein und des Kirchenkreises Obere Nahe eröffnet. Sie bietet ein niederschwelliges Beratungsangebot für unterstützungsbedürftige Familien und unterstützt Kindertageseinrichtungen bei der Implementierung einer Kita-Sozialarbeit in den einzelnen Einrichtungen.

Kirchmeister Wolfgang Becker (Bildmitte) übergab den Schlüssel an die Fachberaterinnen Michaela Nolde (3. v. l.) und Juliane Groß (6. v. l.). Mit ihnen freuten sich (v. l.) Oberbürgermeister Frank Frühauf, Sabine Dalheimer-Mayer vom Kindergartenreferat des Kirchenkreises, Jugendamtsleiter Michael Schweizer, seine Stellvertreterin Kathrin Schwarz, Superintendentin Jutta Walber und Sascha Heidrich vom Verwaltungsamt des Kirchenkreises über den Start des gemeinsamen Projektes. (Foto: Stadt Idar-Oberstein)

Im kleinen, Corona-konformen Kreis trafen sich die Vertreter der Stadt und des Kirchenkreises, um ihrer gemeinsamen Beratungsstelle zu eröffnen. „Ohne die Pandemie wäre das sicherlich eine größere Feier geworden, denn mit der Eröffnung dieser Einrichtung schreiben wir Geschichte in Rheinland-Pfalz“, so Oberbürgermeister Frank Frühauf. Denn eine Beratungsstelle für Kita-Sozialarbeit hat in dieser Form noch keine Kommune im Land.

Seit 2012 fördert das Land Rheinland-Pfalz die Weiterentwicklung von Kindertagesstätten in Wohngebieten mit besonderem Entwicklungsbedarf mit dem Programm KitaPlus/Kita im Sozialraum. Seitdem werden in Idar-Oberstein jährlich rund 30.000 Euro für sozialpädagogische Begleitung und niederschwellige Hilfen in Kindertagesstätten mit besonders unterstützungsbedürftigen Kindern ausgegeben. Mit dem Kita-Zukunftsgesetz wurde der Ansatz vom Projektstatus in eine anteilige Regelförderung überführt. Durch einen Vertrag zwischen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Land Rheinland-Pfalz erfolgt eine erhebliche Aufstockung dieser Mittel im Hinblick auf das zukünftige Sozialraumbudget. Gefördert wurden damit die Konzeptentwicklung, Personalkosten und Sachkosten zur Umsetzung von Maßnahmen und Projekten mit dem Ziel der Überwindung struktureller Benachteiligungen. Durch das Sozialraumbudget entstehen den Jugendämtern neue Steuerungsmöglichkeiten im Hinblick auf den Einsatz von zusätzlichem Personal und weiteren Maßnahmen zum Abbau von sozialen Benachteiligungen. Beim Einsatz der zu erwartenden Mittel von jährlich 550.000 Euro ist speziell der Spitzenposition des Idar-Obersteiner Jugendamtes im Hinblick auf die Pro-Kopf Ausgaben bei den Hilfen zur Erziehung Rechnung zu tragen.

„Unsere ersten Überlegungen gingen unter anderem dahin, in der Stadt eine Anlaufstelle zu schaffen, die ein niederschwelliges Beratungsangebot für unterstützungsbedürftige Familien entwickelt. Aber auch die Implementierung einer Kita-Sozialarbeit wurde bereits diskutiert, denn die gab es bisher im Land noch nicht,“ blickte Jugendamtsleiter Michael Schweizer auf die Anfänge des Projektes zurück. Dazu wurden auch schon früh Gespräche mit der evangelischen Kirche geführt, die mit der VEKIO den größten Kita-Träger in der Stadt stellt. Außerdem nutzte Schweizer seine Kontakte zum Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ISM), das die Entwicklung einer Konzeption zur Umsetzung des Sozialraumbudgets wissenschaftlich begleitet hat. Alle waren begeistert von der Idee, aber es war auch schnell klar, dass die Kita-Sozialarbeit irgendwo in der Stadt fest verortet sein muss. „So kam dann noch die evangelische Kirchengemeinde Oberstein mit ins Boot. Denn in deren leerstehenden Räumlichkeiten unterhalb der Kita Regenbogen war ein solcher zentrumsnaher Ort vorhanden“, erklärte Schweizer.

„Hier wurde eine Chance erkannt, ergriffen und genutzt“, unterstrich Superintendentin Jutta Walber und lobte, so wie alle Redner, die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten „bei diesem einzigartigen Projekt.“ Walber unterstrich, dass die Kita-Sozialarbeit auf Langfristigkeit angelegt und in die Zukunft gerichtet ist. Außerdem hob die Superintendentin das Engagement der am Umbau der Räumlichkeiten beteiligten Firmen hervor: „Sie haben nicht nur ihre ganze Tatkraft in das Projekt eingebracht, sondern es darüber hinaus auch noch mit Spenden unterstützt.“

Oberbürgermeister Frühauf bezeichnete die Eröffnung der gemeinsamen Beratungsstelle als Meilenstein für die Stärkung der Kindertageseinrichtungen in Idar-Oberstein. Sie sei quasi die Keimzelle der zukünftigen Kita-Sozialarbeit in der Stadt. „Diese soll im kommenden Jahr an den Kindertagesstätten installiert werden, insgesamt sind dafür zunächst fünf Personalstellen vorgesehen,“ unterstrich der OB. Neben der Implementierung der Kita-Sozialarbeit freue er sich auch über den Aufbau eines Kita-Kompetenznetzwerks, denn auch dieser Baustein suche landesweit seinesgleichen.

Sabine Dalheimer-Mayer, Kita-Fachberaterin im Kindergartenreferat des Kirchenkreises, hob hervor, dass man sich bei der Umsetzung des Projektes vor allem auf die bestehenden Netzwerke verlassen konnte. „Ein Schlüssel des Erfolges war außerdem, dass wir auf unserem Weg auch die Kita-Leitungen eingebunden und mitgenommen haben.“ Das sehen auch Juliane Groß und Sabine Nolde so. Die beiden Kita-Fachberaterinnen von Stadt und Kirchenkreis bilden das Team der Beratungsstelle und wollen sich zunächst in allen Einrichtungen persönlich vorstellen. Dabei soll auch der bereits begonnen Aufbau eines Kita-Kompetenznetzwerks weitergeführt werden. „Jede Kita verfügt über spezielle Kompetenzen und kann diese im Rahmen des Netzwerks anderen Einrichtungen zur Verfügung stellen“, so Juliane Groß.

Neben der Beratung der Kitas soll natürlich auch die Familienberatung sukzessive ausgebaut werden. „Wir starten mit zwei Tagen in der Woche, an denen die Tür offensteht. Ansonsten können natürlich jederzeit Termine vereinbart werden“, unterstreicht Michaela Nolde. Die niederschwellige Erstberatung soll ein frühzeitiges Intervenieren bei Problemlagen ermöglichen. „Unser Ziel ist, dass die Beratungsstelle durchgehend geöffnet ist“, erklärte Sascha Heidrich, Leiter des Verwaltungsamtes des Kirchenkreises Obere Nahe. Er besprach mit OB Frühauf vor Ort auch noch gleich die Notwendigkeit weiterer Investitionen in die technische Ausstattung der Beratungsstelle.

Zu guter Letzt war es dann an Wolfgang Becker, Kirchmeister und Presbyter der evangelischen Kirchengemeinde Oberstein, symbolisch den Schlüssel an die beiden Fachberaterinnen zu überreichen, die jeweils mit einer halben Stelle auch den ersten Schritt in das neue Arbeitsfeld der Kita Sozialarbeit wagen. „Wir haben seitens der Kirchgemeinde lange überlegt, was wir mit diesen Räumen anfangen. Dieser Zweck ist ganz toll“, zeigte sich Becker überzeugt von der guten Zukunft der neuen Beratungsstelle.

Für die Familienberatung ist die Beratungsstelle zunächst dienstags und donnerstags von 9.30 bis 12 Uhr geöffnet. Ansonsten ist die unter Telefon 06781/4585250 erreichbar.