Foto: Messe I-O GmbH

Die Gesellschaftsversammlungen der Messe Idar-Oberstein GmbH, dem Betreiber der Messe, und der Intergem Messe GmbH waren für Kai-Uwe Hille, dem Geschäftsführer von beiden Gesellschaften, die letzten größeren offiziellen Handlungen in dieser Position. Zum Ende des Jahres beendet er beide Tätigkeiten und wird sich in Berlin anderen Aufgaben widmen. Zum Ende des Coronajahres, das gerade das Messegeschäft in voller Härte traf, hatte Hille den Gesellschaftern Positives zu berichten: Das Geschäftsjahr könne mit nahezu einer schwarzen Null abgeschlossen werden.  „Das schafft keine andere Messegesellschaft in Deutschland“, unterstreicht Hille.

„Wir haben den Businessplan für 2020 auf der Grundlage des Geschäftsjahres 2019 aufgestellt“, blickt er zurück. „Aber der war natürlich mit dem Einsetzen der Pandemiemaßnahmen im März Makulatur. Wie geplant durchgeführt werden konnten lediglich der Neujahrsempfang von Stadt, Bundeswehr und Nahe-Zeitung, die Hunsrücker Naturfototage, eine Tagung der Deutschen Post, die Baumesse sowie die Steuerberater-Akademie. Die Automesse, die am 14. und 15. März stattfinden sollte, musste vom Veranstalter überaus kurzfristig einen Tag vorher abgesagt werden.“ Fast alle folgenden Veranstaltungen des Jahres mussten ausfallen, lediglich das Flaggschiff der Messe, die Intergem, fand unter strengen Hygienemaßnahmen statt – mit lediglich halb so vielen Ausstellern und auch deutlich weniger Besuchern.

„Die Pandemie erforderte sofortiges Handeln, um nicht tief in die roten Zahlen zu rutschen. Ich habe der Messegesellschaft in einer Krisensitzung am 5. Mai drei verschiedene Szenarien vorgestellt, die ein Defizit von 40.000 Euro, eines von 70.000 Euro und im schlechtesten Fall ein Minus von 140.000 Euro prognostizierten“, berichtet Hille. Unmittelbar wurden Maßnahmen zur Kostenreduzierung eingeleitet wie der Abbau von Personal und die Einführung von Kurzarbeit. Gleichzeitig wurden Planungen für verschiedene Pandemieverläufe entwickelt, so stand etwa die „Kostbar“ im November in einem Szenario noch auf dem Veranstaltungskalender.

Parallel fand dann aber eine Entwicklung statt, bei der sich der Zuschnitt und die Ausstattung der Messe als unschätzbarer Vorteil für die Zeit der starken Einschränkungen herausstellten. Bereits am 13. Mai fand im Foyer die erste Sitzung des Stadtrats statt, weitere kommunale Zusammenkünfte wie Kreistagssitzungen oder auch ein Treffen der Leiter von Altenheimen folgten. Aber auch größere Veranstaltungen wie Parteitage von Grünen und AfD brachten Einnahmen. „Wir konnten mit unserer Infrastruktur, Flexibilität und Kurzfristigkeit überzeugen“, berichtet Hille. „Ein großes Argument war dabei auch immer wieder die Regional-Konferenz der CDU zur Vorstellung der Parteivorsitz-Kandidaten am 20. November 2018, wo wir innerhalb weniger Tage eine Veranstaltung mit 1.200 Besuchern und einer umfangreichen Infrastruktur für die Medienberichterstattung auf die Beine gestellt haben.“

Aktuell leistet die Messe bei der Pandemiebekämpfung eine wichtige Rolle. In den vergangenen Tagen wurde in der Halle 3 eine Außenstelle des Gesundheitsamtes eingerichtet, wo an 50 coronagerechten Arbeitsplätzen die Kontakte von Infizierten nachverfolgt werden und telefonische Auskünfte und Beratungen angeboten werden. Eins von 36 geplanten Impfzentren des Landes wird in der Halle 2 installiert und trägt dann letztendlich dazu bei, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Kai-Uwe Hille und Ignatius Forster (Leiter Katastrophenschutzreferat) wurde ein großes Kompliment für die Aufplanung ausgesprochen: „Besser geht es fast nicht“, so der Kommentar der Genehmigungsstelle beim Land.

„Dabei hat sich die Aufteilung der Messe, die auf meine Ideen und Vorstellungen zurückgeht, einmal mehr als überaus praktisch und sinnvoll erwiesen“, erklärt Hille. „All dies wäre mit der ursprünglichen Planung des städtischen Gebäudemanagements, nämlich eine einzige Halle mit rund 4.000 Quadratmetern Größe zu bauen, nicht möglich gewesen.“ In der Stunde des Abschieds erinnert sich der Geschäftsführer auch an den Moment, in dem er die Idee dazu hatte. „Es war im Herbst 2005, ich saß mit meiner Frau im Göttschieder Flugplatzrestaurant und habe ihr spontan auf einer Serviette skizziert, welchen Grundriss ich für die MIO präferiere. Fast bis ins Detail genau wurde das dann so umgesetzt. Die Serviette mit dem Doppeldecker drauf habe ich heute noch.“, erzählt er.

Zu diesem Zeitpunkt war Hille schon zwei Jahre lang Leiter der Intergem, insgesamt 18mal war er für die Organisation der Branchenschau des heimischen Edelstein- und Schmuckgewerbes zuständig. Im Februar 2009 wurde die Messe Idar-Oberstein mit ihm als Geschäftsführer gegründet, am 28. Oktober war der Betriebsbeginn. Fast 300 Messen und andere Veranstaltungen mit mehr als 600.000 Besuchern fanden dort seitdem statt.

Fragt man Hille nach seinen persönlichen Höhepunkten in dieser Zeit, so muss er nicht lange nachdenken. Das Highlight war natürlich nach mehrjähriger Planungs- und Bauzeit, die von mir maßgeblich begleitet wurde, die Eröffnung der Messe am 21. August 2009 mit offizieller Einweihungsfeier und dreitägigem Festprogramm.

 „Aber absolut gleichauf“, so betont Hille, „steht für mich die Intergem, die jedes Jahr etwas ganz Besonderes war mit den vielen internationalen Besuchern, der Prominenz, dem aufwendigen Standbau und dem anspruchsvollen Sicherheitskonzept, aber auch den Veranstaltungen, die am Rand noch dazu organisiert werden mussten wie die Get-together-Partys oder den Presseterminen. Da ging es meistens morgens um 6 Uhr los und dann bis spät in die Nacht hinein.“

Als größte Herausforderung empfand er die CDU-Regionalkonferenz, aber auch an spektakuläre Events wie die Rope-Skipping-Europameisterschaften oder das Geo-Caching-Event mit mehr als 3.000 auswärtigen Gästen denkt er gern zurück. Stolz ist der scheidende Geschäftsführer aber auch auf die selbst entwickelten Formate wie „Kostbar“-Messe, die Tattoo-Convention, das Oktoberfest oder die „Mineralienwelt“ mit ihren Sonderschauen, für die der passionierte Fotograf eigene Präsentationen entwickelte.

Trotz dieser fast zwei Jahrzehnte währenden Arbeit in der Schmuckstadt geht Hille mit zwei lachenden Augen. „Mit Corona hat mein Weggang nichts zu tun, der Entschluss stand schon zu Beginn des Jahres fest. Ich bin in einem Alter, in dem ich noch einmal in meinem Leben etwas ganz Neues anpacken kann, außerdem war das schon ein sehr stressiger Job und verlief natürlich auch nicht immer konfliktfrei“, erklärt der 55-Jährige, der auch schon als professioneller Fotograf oder als Besitzer eines Spezialgeschäftes für Rennfahrräder erfolgreich war. Er wird in Berlin drei „Concept-Stores“ für skandinavische Design-Schlafsofas  übernehmen. Ausruhen wird er sich auf denen aber sicher nicht.